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Thema: Nitritpeak - was tun?  (Gelesen 8300 mal)

Offline Norbert Koch

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Nitritpeak - was tun?
« am: 17-05-2012, 12:32:46 »
Hallo zusammen,

da ich nun schon vom Vierten in dieser Woche lese, der einen Nitritpeak hat(te), sollten wir vielleicht einmal näher auf das Thema eingehen...

Zunächst einmal Grundsätzliches:

Von einem Nitritpeak spricht man bei einem schnellen Anstieg des Nitritgehalts, der nicht durch die bestehende (biologische) Filterleistung, der Nitrifikation, zeitnah abgebaut werden kann.
Die möglichen Ursachen sind:
Neue, nicht eingefahrene Filter,
ein zu geringes Filtervolumen,
die Erhöhung des Beckenbesatzes,
eine Schwächung der Filterbakterien durch Medikamenteneinsatz oder das zu gründliche Reinigen des Filters,
ein längerer Stromausfall, während dem der Filter nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wurde.

Prinzipiell kann man sagen, dass bei jeder Erhöhung des Besatzes ein Anstieg des Nitritgehalts auftritt. Wird aber nur moderat "aufgestockt" und hat man einen leistungsfähigen Filter, entsteht i.d.R. kein Problem.

Das Wichtigste: Vermeiden von Nitritpeaks im Vorfeld

Beim Einfahren eines Aquariums, oder eines neuen Filters sollte man sich Zeit lassen!
Die Filtermedien, die eine entsprechende Besiedelungsfläche bieten (also eine raue und/oder poröse Oberfläche oder Struktur) werden ganz alleine von nitrifizierenden Bakterien (Bakterienstämme, die sich von Nitrit ernähren und als Stoffwechselabbauprodukte Nitrat ausscheiden) besiedelt.
Diesen Vorgang kann man beschleunigen, in dem man
a) gezielt Filterbakterien (gibt es in Reinform im Zoohandel zu kaufen - oder man bringt Filterschlamm, besiedelte Filtermedien oder ähnliches aus einem eingefahrenen Filter ein) ansiedelt
b) die Bakterien anfüttert (kleine Mengen Flockenfutter, minimal Milch, etc.) ins Becken gibt
c) das Becken allmählich besetzt (z.B. zuerst Garnelen / Schnecken, danach Welse, dann die Diskus)

Hier gilt in erster Linie: Geduld ist eine Tugend! Aber bei allem langsamen und bedachtem Vorgehen darf man nicht aus den Augen lassen, dass die Bakterien IMMER Futter und Sauerstoff benötigen.

Wie reagiert man, wenn die Fische (bereits) da sind?

Das erste und wichtigste Mittel zur Abhilfe sind großzügige Wasserwechsel.

Während eines Peaks sollte man sparsam (oder gar nicht) füttern.

Je nachdem, was ursächlich ist, muss man evtl. das Filtervolumen erhöhen oder den Filter neu animpfen.

Als zusätzlich hilfreich erwiesen sich sera Nitrivex, EasyLife, Tetra SafeStart.

Während ein Filter neu besiedelt wird, sollte man auf den Einsatz eines UV-C-Klärers verzichten.

Warum ist Nitrit so gefährlich?

Nitrit ist toxisch. Viel dramatischer ist jedoch, dass Nitrit das Hämoglobin der roten Blutkörperchen in der Aufnahme von Sauerstoff behindert.
Die Tiere leiden an Atemnot. Jungfische können bei länger andauernden Problemen Spätfolgen wie z.B. Wachstumsstörungen aufweisen. Dennoch sind junge Diskusfische "nitrit-toleranter" als adulte.
Kleinere Fischarten wie Welse, Salmler, etc. reagieren oftmals empfindlicher.

Werte um 0 mg/l sind ideal und sollten die Norm sein. Werte bis 0,2 mg/l bedürfen zumindest einer sorgfältigen Beobachtung und sollten durch einen 50%igen Wasserwechsel verdünnt werden. Alle Werte darüber sind überhaupt nicht akzeptabel und es müssen sofortige Gegenmassnahmen ergriffen werden!

Das "Abbauprodukt" Nitrat

Zum Nitrit gehört logischerweise auch das Nitrat, das am Ende der Nitrifizierung entsteht. Nitrat ist für Fische ungefährlich (zumindest in normaler Konzentration) und dient Pflanzen als Nahrung. Werte bis zu 100 mg/l werden vom Diskus problemlos ertragen; dennoch - und gerade beim Wachstum von Jungfischen - sind niedrigere Werte anzustreben. Ideal sind Werte um die 20 mg/l; in gut bepflanzten Becken darf es auch mal etwas mehr sein. 50 mg/l sollte aber die Obergrenze in der Aquaristik sein, um sicherzustellen, dass es den Tieren gut geht.

Unter Umständen kann übrigens Nitrat auch zu Nitrit zerfallen; dies wurde insbesondere bei sogenannten Altwasseraquarien gelegentlich beobachtet.

Nitrat ist ein Stoffwechselabbauprodukt und sollte - wie sämtliche anderen organischen Abbauprodukte nicht im Übermass in Aquarien vorkommen!

Ich hoffe, dieser "Leitfaden" hilft zukünftig Probleme zu vermeiden und würde mich freuen, wenn er dazu beiträgt, den Fischen Leid zu ersparen.

Ihr seid herzlich eingeladen ergänzende Hinweise - aber auch andere Meinungen - beizutragen, um dem "Mysterium" Nitritpeak den Schrecken zu nehmen!
Freundliche Grüße aus Bad Aibling

Norbert (Freunde nennen mich Nobby)
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Offline Bernd

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Re: Nitritpeak - was tun?
« Antwort #1 am: 19-05-2012, 13:17:36 »
Hallo Norbert

das ist eine gut verständliche Erklärung wie Nitrit in Nitrat umgewandelt wird.
Da ich mir aber auch nicht zu hundert Prozent sicher bin, wollte ich Dich mal fragen, wie denn das Nitrit entsteht bzw. wo es denn genau herkommt?
Gruß: Bernd
 

Offline Norbert Koch

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Nitritpeak - was tun?
« Antwort #2 am: 20-05-2012, 08:27:44 »
Hallo Bernd,

vereinfacht ausgedrückt entsteht Nitrit als Abbauprodukt von Ammonium/Ammoniak (NH3/NH4), die ebenfalls fischtoxisch sind bzw. bei einem pH-Wert über 7.5 werden. Diese Stoffe sind in den Ausscheidungen der Fische enthalten und werden - wie bereits erwähnt - durch Bakterien der Nitrisomas-Arten zunächst zu Nitrit (NO2) und dann zum "ungiftigen" Nitrat (NO3) umgewandelt bzw. oxidiert.

Unter bestimmten Umständen kann aber auch Nitrat zu Nitrit zerfallen. Daher sollte man auch keine allzu hohen Nitratwerte tolerieren; diejenigen von uns, die eingefahrene Pflanzenbecken mit großer Pflanzenmasse betreiben haben hier einen entscheidenden Vorteil, da die Pflanzen als Nährstoffquelle bereits Nitrit (ich meine sogar, ich habe auch mal gelesen, dass sie Ammonium und Ammoniak direkt verwerten können) und natürlich auch Nitrat verwenden. In Pflanzenaquarien reichen u.U. die Nährstoffeinträge der Bewohner gar nicht aus, so dass sogar Nitrat zugeführt werden muss.

Ein eingefahrener Filter ist aber auf jeden Fall unerlässlich! Er sorgt durch die Besiedelung des Filtersubstrats mit u.a. Nitrisomas-Arten für den Schadstoffabbau zum ungiftigen Nitrat (Werte über 50 - 80 mg/l sollten aber nicht vorkommen).

Nitrit wird von Fischen, die in sauerstoffreichen Umgebungen bis etwa 0.25 mg/l kurzfristig vertragen (Achtung: KEINE Garantie!), ab diesem Wert gilt es als letal! Fische aus sauerstoffärmeren Gewässern haben hier eine höhere Toleranz, was jedoch nicht heißen soll, das man bei der Pflege solcher Arten weniger auf gute Filterung und Wasserhygiene achten sollte!

Es gibt zu diesem Thema übrigens dutzende von interessanten Abhandlungen im Internet. Bei Interesse kannst Du ja mal nach Nitrit in der Aquaristik googeln.
Freundliche Grüße aus Bad Aibling

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Onkel Tom

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Re: Nitritpeak - was tun?
« Antwort #3 am: 20-05-2012, 16:53:48 »
Hallo Norbert,


vereinfacht ausgedrückt entsteht Nitrit als Abbauprodukt von Ammonium/Ammoniak (NH3/NH4), die ebenfalls fischtoxisch sind bzw. bei einem pH-Wert über 7.5 werden. .

Zu dieser Aussage habe ich noch eine Ergänzung. Bereits ab PH 7 wird Ammonium in das giftige Ammoniak umgewandelt.
Hierzu gibt es folgende Richtwerte
    PH 7 Es liegt    1% giftiges Ammoniak vor.
    PH 8 Es liegt bereits  4% giftiges Ammoniak vor.
    PH 9 Es sind ca. 25% der Messung giftiges Ammoniak.
Sobald Ammonium nachweisbar ist, sollte der PH-Wert auf weniger als 7 gesenkt werden.

Viele Grüße von den Nordlichtern

Tom und Marion
« Letzte Änderung: 20-05-2012, 17:10:55 von Onkel Tom »
 

Offline Bernd

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Re: Nitritpeak - was tun?
« Antwort #4 am: 20-05-2012, 19:09:07 »
Hallo Ihr Beiden

jetzt weiß ich bescheid und kann mir das Ganze besser vorstellen.
Auch die Anmerkung von Tom, welche Auswirkungen der PH - Wert hat, ist schon wichtig zu wissen :up:.
Vielen Dank!
Gruß: Bernd
 

Offline Norbert Koch

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Nitritpeak - was tun?
« Antwort #5 am: 20-05-2012, 19:26:03 »
Hallo Tom,

vielen Dank für die tolle Ergänzung! :up:
Freundliche Grüße aus Bad Aibling

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Nach Nitritpeak und wieder Anfütterung über Tage auch kein NO3??

Begonnen von aqua_chris

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Letzter Beitrag 07-12-2012, 09:33:34
von aqua_chris