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Thema: Wasserpflanzen und der Diskus - eigentlich ganz einfach! Oder doch nicht?  (Gelesen 4918 mal)

Offline Norbert Koch

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Hallo zusammen,

wer kennt sie nicht: Grüne Traumbecken in denen elegant Fische gleiten und ihre prächtigen Farben zeigen. Ein Traum, der anscheinend für viele unerreichbar scheint...

Doch es kann ganz einfach sein, ein wirklich schönes Pflanzenbecken mit Diskusfischen zu pflegen, ohne dass Tier oder Pflanze leidet.

Zunächst sollte man sich dessen bewusst sein, was man möchte! Eine gut durchdachte Planung ist in der Diskushaltung sowieso das A und O. Mit der Komponente Wasserpflanze gibt es einen weiteren Parameter, den man berücksichtigen muss.

Was will man also? Ein Pflanzenbecken mit anspruchsvollen Pflanzen, deren erfolgreiche Pflege den Kennern ein Zungenschnalzen entlockt? Oder soll es ein tolles Aquarium sein, das man gerne anschaut und in dem Tier UND Pflanze sich wohl fühlen?

Der erstere Ansatz klappt nur bei sehr wenigen Aquarianern. Dazu sind wirklich umfassende Kenntnisse bezüglich der chemischen Vorgänge im Aquarium und den Ansprüchen der Pflanzen nötig. Schon so manches allzu ehrgeiziges Projekt führte zu Frust und schlimmer noch: Leid und Krankheit bei den Tieren. Wer diesen Weg einschlagen möchte (von dem ich nicht sage, dass er gar nicht funktioniert), sollte sich in Fachforen wie Flowgrow umschauen. Wir haben hier zwar auch etwa eine Hand voll "Scaper", aber die Wissensdichte in dieser Sparte der Aquaristik ist bei den Flowgrow'lern deutlich höher.

Ich möchte mich hier auf die zweite Variante - den tiergerechten "Hingucker" - beschränken. Wer sich ein schönes bepflanztes Aquarium wünscht, dass diskustauglich ist und optisch überaus ansprechend, sollte eines vorab tun: Vergisst, was Euch der Fachhandel erzählt hat! Das Meiste davon, was Euch aufgeschwätzt werden soll, braucht Ihr nicht!

Betrachten wir einmal die Besonderheiten, warum für viele Diskus und Wasserpflanze nicht unter einen Hut passt, fallen 3 Punkte ins Auge:
1.) Diskusfische sind schwimmende Schweinchen! Sie brauchen viel Futter, übersehen auch gerne mal einen Brocken und von dem, was sie fressen, gelangt reichlich Dünger ins Aquarium.
2.) Diskus mögen's warm! Temperaturen zwischen 27 und 30° C sind die Regel.
3.) Der Diskus mag es nicht allzu hell.

Der erste Punkt ist das Hauptproblem. Durch ihn scheiden einige Pflanzen komplett aus. Dichte Bodendecker und Moose haben in einem Becken, in dem sich Tiere und Pflanzen wohlfühlen sollen nichts zu suchen. In ihnen sammelt sich Mulm und nicht gefressenes Futter. Das Aquarium verdreckt unbemerkt. Die Folge: Der Keimdruck steigt, der Sauerstoffgehalt sinkt - das Wasser wird schlechter und die ungünstigen Bedingungen stressen die Fische. Krankheiten und parasitärer Befall häufen sich und die Freude am Hobby schwindet. Vom Leid der Tiere einmal ganz abgesehen...
Wer nun denkt "viele Nährstoffe = schnellwachsende Pflanzen" hat zwar im Prinzip den richtigen Gedanken, handelt sich aber jede Menge Arbeit ein: Schnellwachsende Pflanzen benötigen sehr viel Pflege! Einfach oben abschneiden sieht sch... aus! Also: Triebe kappen, die alten Pflanzen entfernen, Triebspitzen neu einsetzen. Und das alle paar Tage!
Das Risiko hierbei: Das ständige Eingreifen ins Aquarium stört die Tiere. Im Sand häufen sich durch das Tauschen der Pflanzen Pflanzenreste an (Wurzelstückchen, etc.). Der Boden wird zu einer tickenden Zeitbombe. Einige haben sich darum auf das Hältern der Pflanzen in Töpfen oder Gläsern verlagert. Mir persönlich gefällt das nicht.
Und zu guter Letzt kommt noch ein weiteres Problem hinzu: Pflanzen mögen lockeren, durchfluteten Boden - also eher groben Kies. Darin versinkt aber wiederum zu viel Futter und fängt an zu gammeln. Ein Teufelskreis wie es scheint!

Das zweite Problem ist eigentlich keines - wenn man die Pflanzen, die in Frage kommen sorgfältig auswählt und sich im Vorfeld darüber informiert. Aus meiner inzwischen doch recht langen Erfahrung bei der Pflege bepflanzter Diskusaquarien möchte ich Euch ans Herz lecken, keine Pflanzen zu nehmen, deren Temperaturtoleranz bis 28° C angegeben wird. Die werden durch die hohen Temperaturen gestresst und das geht auf die Dauer nicht gut!

Das dritte "Problem" ist auch kein wirkliches! Vergesst niedrig bleibende Pflanzen mit roten Blättern oder z.B. die Gitternetzpflanze. Ja: Sie sehen toll aus, aber sie brauchen ein für den Diskus zu grelles Licht.

Was kann man also tun, um die Wasserpflanze und den Diskus unter einen Hut zu bringen?

Ok! Fangen wir beim Bodengrund an: Kies nein, Sand ja! Für bepflanzte Aquarien am Besten den mit 0,8 - 1,2 mm Körnung. Kein Bodengrund mit Nährstoffen! Lieber gezielt mit Düngekügelchen arbeiten. Zu viele Nährstoffe im Bodengrund fangen auf die Dauer bei den hohen Temperaturen an zu gammeln. Bewährt haben sich Turmdeckel- oder Raubschnecken, um den Boden sauber und locker zu halten. Eine Hand voll Schnecken (10 - 20 Stück) sollte man also zum Start des Beckens einplanen.

Bei einer naturnahen Ernährung der Tiere reichen 27 - 28° C in der Regel aus. Das heißt aber nicht automatisch, dass dann Pflanzen für diesen Temperaturbereich ok sind! Manchmal muss es dann doch für ein paar Tage wärmer sein (um z.B. den Appetit der Tiere zu steigern) oder das Aquarium heizt sich im Sommer zu sehr auf. Doch die Temperaturverträglichkeit ist nicht alles bei der Auswahl der Pflanzen: Man sollte sich im Vorfeld Gedanken machen, wie viel Pflegeaufwand man investieren möchte. Bei den (Stengel-)Pflanzen sind die möglichen Wuchshöhen oftmals sehr optimistisch angegeben. Eine mit 30 cm Wuchshöhe angegebene Rotalla kann man dann getrost für den Hintergrund eines 60er Aquariums verwenden - aus meiner Erfahrung werden die Triebe aber auch dort zu lange...

Eine vernünftige Struktur und das Berücksichtigen der Fressgewohnheiten des Diskus ist unerlässlich für ein schönes und funktionierendes Gesamtbild. Das heißt: Es sollte zunächst einmal definiert werden, an welcher Stelle die Tiere gefüttert werden bzw. wo das nicht direkt gefressene Futter zum Liegen kommt. Dieser Platz muss frei bleiben! Und dort, wo die Strömung hin treibt, sollte man am Rand keine allzu dichte Bepflanzung vornehmen.

Wichtig für das Wohlbefinden der Tiere sind auch Unterstände durch Wurzeln. Bewährt haben sich hier eher künstliche Wurzeln von z.B. Rockzolid oder Zabo-Diskus, da es kaum noch wirklich echte und schöne Morkien im Handel gibt. Auf alt getrimmtes oder ungeeignetes Holz wie z.B. Mangrovenholz verursacht häufig Probleme. Wer echte Wurzeln nimmt und es kann, sollte das Holz im Wasser "schweben" lassen (also aufhängen), um Gammeln an den Kontaktflächen zum Sand zu vermeiden. Das Holz sollte aber (z.B. durch Distanzhülsen) vollständig unter Wasser gehalten werden.

Für ein Diskusbecken haben wir keine wirklich große Auswahl an echten Pflanzen aus dem Original-Habitat. Es gibt dort hauptsächlich Seerosen und ein paar Schwimmpflanzen wie Wasserhyazinthen und Wasserlinsen. An ein paar Stellen wachsen Echinodoren und es gibt noch ein paar wenige Stengelpflanzen wie den Wassernabel oder ein Tausendblatt. Viele angeblich brasilianische Pflanzen stammen aus den kälteren Flüssen Boliviens oder Perus.

Legt man keinen allzu großen Wert auf die Originalität, wird die Auswahl etwas größer:
Diverse Cryptocorynen, Farne und Anubien eignen sich auch für Diskusaquarien. Im Anhang an diesen Bericht findet Ihr eine Liste mit (aus meiner Sicht) bewährten und hübschen Pflanzen für Diskusbecken.

Bei der Auswahl der Pflanzen sollte man auch unbedingt auf ihren Lichtbedarf achten. Ein "übliches" Diskusaquarium ist mit etwa 0,4 W pro Liter (diese Angabe bezieht sich auf die noch übliche Beleuchtung mit Neonröhren) kein geeigneter Ort für Pflanzen mit großem Lichthunger. Dazu zählen u.a. insbesondere die rotblättrigen Arten.

Achtet man also auf die Bedürfnisse der Tiere UND der Pflanzen, ist es durchaus möglich, ein schön bepflanztes und pflegeleichtes Diskusaquarium zu gestalten.

Für die meisten Pflanzenarten benötigt man in einem Diskusaquarium weder CO² noch Dünger. All das ist in einem Diskusbecken eigentlich im Überfluss vorhanden. Ihr braucht also weder teure Technik noch extrem leistungsfähige Lichtquellen! Es geht auch fast von alleine!

Diese Pflanzen möchte ich Euch ans Herz legen:
Tigerlotus (egal ob rot oder grün). Knippst man immer mal wieder einen Teil der Schwimmblätter ab, ist der Lotus eine sehr dekorative Pflanze für den mittleren oder hinteren Bereich.
Barclayas oder der genoppte Wasserkelch sind ebenfalls prima Pflanzen für den hinteren Bereich. Ihre flutenden Blätter und die Schwimmblätter des Lotus sorgen für tolle Licht-/Schattenspiele!
In der Mitte finde ich Echinodoren schön. In kleineren Aquarien (bis 700 l) rate ich aber zur Echinodorus samolus, da diese schön klein bleibt und nicht allzu raumgreifend ist. Für mich eine der schönsten Schwertpflanzen für ein Diskusbecken! Die größeren Arten benötigen häufigere Pflege und entsprechend tiefe Becken (am Besten 70 cm oder mehr). Höhere Cryptocorynen bis zu 30 cm Wuchshöhe eignen sich auch für den mittleren Bereich.
In dunkleren Bereichen oder aber zum Aufbinden oder -kleben auf Wurzeln sind schöne Farne wie der Javafarn narrow oder der Windelowfarn echte Schönheiten.
Zwischen Mitte und Vordergund können Anubias-Arten durch ihre mitunter interessanten Blattformen hübsche Kontraste schaffen.
Im Vordergrund können die kleineren Wasserkelche wie die Cryptocoryne wendtii oder die Cryptocoryne tropica punkten. Bei den Wasserkelchen kann es vorkommen, dass sie sich zu Beginn im neuen Becken "auflösen". Dies geschieht dann, wenn der pH-Wert deutlich anders ist, als sie es gewohnt waren. Normalerweise überlebt der Wurzelspross aber und treibt schon bald neue Blätter aus. Die absterbenden Blätter solltet Ihr aber entfernen: Sie nützen den Pflanzen nichts mehr und belasten Eure Wasser!
Wer möchte kann noch zusätzlich mit Schwimmpflanzen wie Hornfarn oder Muschelblumen interessante Akzente setzen. Die Wurzeln sehen (zumindest eine Zeit lang) sehr apart aus! Sammelt sich dann aber mit der Zeit zu viel Dreck in ihnen, sollte man die älteren Pflanzen absammeln.

Mit diesen Pflanzen lassen sich durchaus ansprechende Unterwasserlandschaften gestalten, die nicht jede Woche getrimmt der ausgedünnt werden müssen. Diese einfach(er)en und robusten Pflanzenarten brauchen nicht wirklich zusätzliches CO² und i.d.R. auch keinen Dünger. Sie entziehen dem Wasser Stoffwechselabbauprodukte wie Phosphate und Nitrat und sorgen so für eine gute Wasserqualität.

Und zum Schluss dieses Mamut-Beitrags noch zwei ganz wichtiger Hinweise:
Achtet bei der Pflege Eures Aquariums immer auf absterbende Pflanzentriebe und größere Blätter. Bitte entfernt diese regelmäßig (falls es welche gibt), um eine unnötige Sauerstoffzehrung zu vermeiden. Denn sonst kehren sich die vielen Vorteile eines Pflanzenbeckens rasch ins Gegenteil um!
Kauft Eure Pflanzen nicht irgendwo! Am Sichersten seid Ihr mit in vitro gezogenen Pflanzen von erfahrenen Betrieben wie z.B. Carmen Dammer in Berlin. Ihr wollt doch keine Krankheiten oder Plagegeister wie Schnecken, Planarien oder Hydra! Lieber mal ein paar Euro mehr in Qualität investieren! :zwinker:

Mit diesen Tipps kann fast jeder ein schönes Diskusaquarium gestalten, in denen sich die Tiere wohl fühlen und gesund bleiben. Ein solches Becken macht (wenn Ihr Euch an meine Pflanzenempfehlungen haltet) fast weniger Arbeit als ein unbepflanztes Aquarium. Unter Anderem erzielt man den Vorteil, dass die Pflanzen in direkter Konkurrenz zu den Algen stehen. Wachsen die Pflanzen gut, haben Algen kaum eine Chance! :supi:
« Letzte Änderung: 15-01-2015, 16:02:09 von Norbert Koch »
Freundliche Grüße aus Bad Aibling

Norbert (Freunde nennen mich Nobby)
Internet: https://nobby-ka.de (schon sehr bald auch mit einem Aquaristik-Bereich)

Beim Betrachten der Natur werden Gefühle geboren... | Japanische Weisheit

Es gibt für alles eine logische Erklärung - man muss nur lange genug danach suchen!
 

Offline Lumontur

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Hallo Norbert

Danke für diesen Beitrag!

Lg
Martin
 

 

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