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Thema: Biotopaquaristik  (Gelesen 4338 mal)

Offline Norbert Koch

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Biotopaquaristik
« am: 30-03-2018, 11:11:50 »
Hallo zusammen,

ich nähere mich mit meinem Schaubecken ja einem Biotop-Aquarium. Doch was heißt das eigentlich?

In der Biotop-Aquaristik setzt man sich mit den einzelnen Habitaten auseinander. Sowohl das Hardscape als auch der tierische und pflanzliche Besatz entsprechen dem Stückchen Natur, das nachgebildet werden soll.
Mitunter ist es ein ehrgeiziges Ziel.

Während man bei den Fischen noch relativ leicht einen passenden Besatz zusammenstellen kann, wird es beim Wasser, der Auswahl der Pflanzen und oft auch bei den sogenannten „niederen“ Tieren oft schwer, diesem Anspruch gerecht zu werden.

Doch oft ist bereits die Suche nach dem geeigneten Vorbild eine Sisyphusarbeit: Nur wenige von uns haben die Möglichkeit sich selbst vor Ort ein Bild vom Habitat zu machen. In unserem Fall müsste man das entsprechende Gebiet sogar mehrfach im Jahr bereisen, um die Veränderungen beim Hochwasser und Niedrigwasser zu erfassen. Beides zusammen abzubilden schaffen wir aber sowieso nie; dazu bräuchte es gigantische Anlagen. Auch auf Predatoren verzichten wir wohlweislich in unseren Aquarien.

Wie schwierig das Unterfangen Biotopaquarium „Amazonas“ ist möchte ich hier kurz aufzeigen.

Fangen wir beim Wasser an: Beim Hauptakteur, dem Diskus haben wir die Wahl zwischen Schwarzwasser und klarem Wasser (und natürlich Mischungen dazwischen); im Weißwasser existieren keine bekannten nennenswerten Mengen an Diskusfischen.
Ich für mich traf die Wahl eines Kompromisses: Einerseits möchte ich ein bepflanztes Aquarium mit Bodendeckern, andererseits habe ich einen typischen Schwarzwasserbesatz ausgewählt. Um Beidem gerecht zu werden verwende ich ein „gemäßigtes“ Schwarzwasser mit einer Sichttiefe von ca. 55 cm. Die erforderliche Huminkonzentration werde ich mit einer automatischen Dosierung mehrmals am Tag mit Aquahumin, gesteuert durch die LiWeBe-Box umsetzen. Die sonstigen Wasserwerte habe ich dem Aquarium schon vor vielen Monaten „aufgezwungen“. So habe ich bei einer KH von 0° dKH einen recht stabilen pH-Wert von 5,7.
Trotzdem „fahre“ ich das Aquarium mit einem relativ hohen Leitwert von 130 µS. Auch das ist wieder ein Kompromiss, da ich für die „Selbstreinigung“ auch auf Schnecken setze, und die brauchen nunmal Mineralien für ihre Gehäuse.
Die keimarmen Verhältnisse des Habitats erreiche ich mit sieben Maßnahmen:
1.) Das saure Milieu des Wassers.
2.) Ein Eheim UV-C-Brenner im Dauerbetrieb.
3.) Purigen im Filter.
4.) Ozongaben durch einen Philips TAP 400.
5.) Ein moderater Besatz mit nur 6 Diskusfischen.
6.) Natürliche, artgerechte Fütterung mit hohem Lebendfutteranteil (in den Sommermonaten durchaus auch mit etwas Schlamm vom Tümpeln).
7.) Schnecken, Garnelen und Panzerwelse, die sich um Futterreste und den Kot kümmern.

Die Pflanzen fand ich nach einiger Recherche und mit ein bisschen Glück sogar eine echte südamerikanische Zwergseerose. Einzig meine „Jagd“ nach der Mosaikpflanze als Schwimmpflanze ist leider noch ohne Erfolg.
Als niedere Tiere habe ich Rückenstrichgarnelen, auch das leider nur ein Kompromiss, da ich seit Jahren vergeblich nach den Amazonas-Laubgarnelen suche. Sie sind kommerziell nicht inzeressant genug...
Die Fische habe ich nun fast in der endgültigen Zusammenstellung, wobei ich noch 2-3 Diskusfische abgeben werde.
Die Corydoras sterbai, die L18 und die Kaisersalmer passen zu den Diskus.

Beim Hardscape entschied ich mich für eine Flachwasser-Iguarape (langsamer durchströmter, manchmal tümpelähnlicher Nebenarm) im Umfeld des Rio Xingu mit in das Wasser ragenden Wurzeln.

Bezüglich der Simulation der Wetterverhältnisse im Habitat verfolge ich das Biotop-Konzept sehr akribisch: Eine LiWeBe-Box die das Öive-Wetter aus Brasilien abbilden wird, kombiniert mit einer passenden LED-Beleuchtung, einer Beregnungsanlage und sogar einem MP3-Modul für die Wiedergabe von Donner bei Gewittern runden das Ganze ab.

Geholfen haben mir neben dem tollen Buch Der Amazonas unter Wasser, Heikos beiden Diskusbüchern, den Büchern von Hans J. Mayland, unzählige Youtube-Videos; aber auch dieser Link bietet aufschlussreiche Eindrücke: http://biotope-aquarium.info/videos/brazil/
« Letzte Änderung: 30-03-2018, 11:38:00 von Norbert Koch »
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Offline Ditmar

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Re: Biotopaquaristik
« Antwort #1 am: 30-03-2018, 13:06:57 »
Hi Nobby

Noch einmal mein Respekt für dein konsequentes durchziehen deiner Vision. :good:
Erinnert mich stark an unseren Armin der das ganze ja wirklich konsequent verfolgt hat.
Schade ich habe diese Diskussionen geliebt.
Wäre schön zu wissen ob er dieses Projekt noch weiter verfolgt.

Aber da war ja auch bei dir noch super Naturbecken in Planung. :hmm: 
Gruß Ditmar
Becken 200x80/70x60, Back to Nature Amazonas,
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Offline Norbert Koch

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Re: Biotopaquaristik
« Antwort #2 am: 30-03-2018, 13:20:32 »
Hallo Ditmar,

mit Armin telefoniere ich die Tage mal wieder; er ist momentan schwer im Stress. Mein aktueller Kenntnisstand ist, dass er nach wie vor sein 2 m Heckel-Aquarium gestaltet...

Ja, man erkennt sicherlich an dem Projekt die ein oder andere Idee von Armin wieder (was sich auch im Besstz niederschlagen wird :pfeifend:) - schließlich hatten wir viele interessante Themen gemeinsam angefacht; aber auch die Ideen von Panta Rhei und LiWeBe haben mich inspiriert.

Armin‘s und meine Art Aquaristik zu betreiben ähneln und unterscheiden sich zugleich:
Armin sieht das Große und Ganze; seine Planung und Umsetzung folgt diesem Ziel konsequent bis zum Endergebnis. Er folgt seiner Vision.
Ich habe zwar auch das Endergebnis im Kopf, arbeite much aber schrittweise bis zum Ziel durch. Ich brauche für mich selbst kleine Teilerfolge und mir fehlt die Geduld erst das Gesamtergebnis abzuwarten bis es losgeht. Und im Gegensatz zu Armin bin ich bereit kleinere Kompromisse einzugehen.

Ich finde Aquaristik wird dann erst sinnvoll, wenn man die für die Tiere und nicht für den Umsatz des Handels oder weil‘s so schön bunt ist betreibt. :zwinker:

« Letzte Änderung: 30-03-2018, 13:40:47 von Norbert Koch »
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Offline Hobby

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Re: Biotopaquaristik
« Antwort #3 am: 30-03-2018, 15:56:55 »
Hallo Norbert,

ein begeisternder Ansatz für die Gestaltung eines Biotopaquarium unter dem Primat der Diskushaltung. Ich bin auf die weiteren Schritte gespannt und die Entwicklung deiner Pflanzenwelt.
Persönlich war und bin ich, wie aus meinen Beiträgen und Filmen ersichtlich, der Vertreter einer Diskushaltung im Pflanzenbecken und habe dies in meinen vielen Jahren der Diskushaltung zu keiner Stunde bereut.
Meine Tiere waren und sind gesund, haben sich fortgepflanzt und erfreuen sich heute, wo ich nur noch die Haltung präferiere, ihres Leben.
Mein Becken wird nur noch mit normaler Technik(Vorfilter mit Schwämmen und Hauptfilter mit Filtermaterial bestückt) betrieben. UV-Klärer habe ich seit 3 Jahren ausgegliedert und es nicht bereut.
Mein Schwerpunkt liegt auf konsequenten 50%tigen Wasserwechsel mit einer KH von 3 und der Anreicherung des Wasser mit Aqua Humin WH67 sowie der Zugabe von Kanne Brottrunk.
Letzteres führte zu einer längeren Standzeit des Filtersystem durch weniger Verschlammung und sauberer Verrohrung.
Ein weiterer Pluspunkt in der Haltung ist meine konsequente Fütterung mit Lebendfutter, welche sich in der Agilität, Gesundheit und Farbe der Tiere niederschlägt. Alle Unkenrufe hinsichtlich der Gefahren bei Verfütterung von selbstgefangenen Lebendfutter habe ich mit meinen Tieren ad adsurdum geführt. Wenn man mit Augenmerk seine Fangstellen aussucht, dann wird man keine Probleme bekommen.
Ein Diskusbecken mit Pflanzen trägt ein wesentliches Mass an einer guten Wasserqualität bei, macht aber auch etwas mehr Arbeit.
Das Hauptproblem vieler Diskushalter heutzutage ist der übermäßig große Besatz der Becken und die damit anfallende große bakterielle Belastung. Schauen wir uns doch die propagierten Bilder in den Foren an. Die Becken quellen über von Tieren und auch in unseren Forum schreiben die User von 15 und mehr Tieren. Wenn man bedenkt wieviel Abfall in Form von Urin und Kot diese Tiere produzieren und je größer sie werden um so mehr, dann wird verständlich warum eine normale Aufbereitung des Wasser nicht mehr ausreicht. Warum immer eine neue, "effizente" Filtermethode installiert werden muss, die letztendlich auch nur zeitbedingt eine Lösung bietet. Denn wisse, das Perpetuum mobile wurde und wird nicht erfunden!
Und dann kommt noch die Fütterung hinzu, welche Mengen für diese Tiere gereicht werden und zu guter letzt wird noch Futter gereicht, welches mit Warmblüterfleisch versetzt ist. Dieses Futter kann der Diskus nicht 100% verwerten, da er dazu physiologisch nicht in der Lage ist. Demzufolge kommt hier im Kot ein brisanter Abfall in das Wasser, welcher sich negativ auf die Wasserqulität auswirkt.
Nun bin ich ein wenig abgeschweift aber letztendlich zeigt dein Vorhaben, dass du zu einer biotopgerechten Haltung deiner Tiere gefunden hast und dies konsequent umsetzt. Mein Respekt dafür.


Offline Norbert Koch

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Re: Biotopaquaristik
« Antwort #4 am: 31-03-2018, 17:29:58 »
Hallo Jürgen,

artgerecht hatte ich ja schon seit vielen Jahren. Insbesondere beim Wasser und beim Futter duldete ich längst keine Kompromisse mehr.

Was nun dazu kommt (gerade in Betracht des neuen Besatzes), sind die strikte Beschränkung auf südamerikanische Pflanzen und eben die technische Komponente. Neben den „Spielereien“, die imho aber sicherlich positiv auf die Fische einwirken, bin ich fast schon darauf angewiesen, um zukünftig die Huminkonzentration möglichst gleichmäßig (trotz UV-C und Ozon) zu halten.

Jetzt sind es nicht mehr ganz vier Tage, dann gibt es wieder was zu sehen... :hopp:
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Re: Biotopaquaristik
« Antwort #5 am: 01-04-2018, 19:55:27 »
Hallo zusammen,

jetzt ist es soweit: Es war ein Abschied auf Raten, aber jedesmal, wenn mit jemand Diskus abkaufte, war es diesmal, als ginge ein Stück von mir. :'(
Ich hoffe, ich habe die Käufer sorgfältig genug ausgewählt und die Tiere in verantwortungsvolle Hände übergeben.

Und nun muss ich sagen: „Ein Leben ohne Diskus ist möglich, aber sinnlos!“ :hihi:

Zum Glück sind es ja nicht mal mehr drei volle Tage bis der neue Trupp einzieht. :hurra:
Freundliche Grüße aus Bad Aibling

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Re: Biotopaquaristik
« Antwort #6 am: 01-04-2018, 22:04:41 »
Hallo zusammen,

hab gerade den Außenfilter gereinigt; sollte ich wohl öfters mal tun: Der junge Sterbai, den ich darin gefunden habe, hatte bereits eine Größe von 1,5 cm. :pfeifend:
Scheint wohl noch genügend Futter im Filter anzukommen. :hmm:
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