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Thema: Fragen zu: Grundlagen der Diskushaltung/ Fragen und Antworten  (Gelesen 6290 mal)

Offline Robert B

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Hallo Mike,

Erstmal Vielen Dank für den klasse Artikel!

Ich habe noch ein paar Fragen dazu.

Du gibst eine GH von 10 - 15 für die normale Haltung an. Verstehe ich das richtig, dass du diese Angabe als Kompromiss an unsere in der Regel harten Leitungswässer siehst? Wo siehst du denn den Optimalbereich?

Zitat
Gemäß des osmotischen Prinzips, nach dem zwei Flüssigkeiten mit unterschiedlicher Salzkonzentration das Bestreben haben, sich anzugleichen, dringt also permanent Umgebungswasser in den Fisch. Dies erfolgt in erster Linie über die Kiemen und über die Haut. Der Fisch kompensiert dies, in dem er permanent Wasser abgibt, da er sonst tatsächlich platzen würde. Ein Diskus trinkt somit nicht. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Diskus unfreiwillig alle im Wasser gelösten Schadstoffe aufnimmt. Ist der Schadstoffgehalt im Wasser zu hoch, führt dies zu einer mitunter dauerhaften Schwächung des Immunsystems.
Wie kommen denn die Schadstoffe in den Diskus? Durch Osmose ja nicht. Die Chloridzellen transportieren doch soweit ich weiß nur Ionen?

Gruß,
Robert
 

Offline MikeSt

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Hallo Robert,

ja, ich sehe das als Kompromiss. Die Frage nach den Optimalwerten ist sicher nicht pauschal zu beantworten.  Wenn man sich die unterschiedlichen Bereiche und Flussabschnitte das Amazonas und dessen Nebenflüsse ansieht, dann erkennt man ein relativ breites Spektrum verschiedenster Werte, Nicht nur geografisch, sondern auch jahreszeitlich bedingt.
Ich habe vor Jahren mal im Portal mit einem fachlich sehr versierten Diskusliebhaber aus der Schweiz darüber philosophiert. Er galt damals als Experte für Wildfänge. Jörg, du wirst ihn noch kennen. Jarek. Die Tiere, über die er verfügte, haben in der Tat teilweise zu Schnappatmung bei der Betrachtung geführt.
Jarek war einige Male zu Fangexpeditionen am Amazonas. Wo genau, weiß ich nicht mehr. Er berichtete aber von Wasserwerten, die z.B. deutlich unter 100 Microsiemens lagen, bei einer nahezu nicht messbaren KH. Und das bei einem PH- Wert von teilweise 4,5.

So ein Wagnis können wir im Aquarium natürlich nicht eingehen. Einige Berichte führen einen Leitwert deutlich unter, andere einen Wert von bis zu 200- 300 an. Somit hat sich allgemein ein Wert von 10-15 +/- eingependelt.
Ich persönlich befürworte den Wert zusätzlich aus eigener Erfahrung. Ich habe Anfang 2000 eines der ersten Leopard Snake Skin in meiner Zuchtanlage gehabt. Noch vor der ersten offiziellen Vorstellung beim Championat. Es war 2000 oder 2002. Weiß ich nicht mehr.  Um es vorweg zu nehmen, mir gelang die Zucht mit diesem Paar leider nicht. Die Geschichte wäre wieder etwas für die Anekdotenrubrik. Sie wurden mir leihweise von einem befreundeten Züchter übergeben.  Jedenfalls hatte er sie aus Asien.  Woher sie genau stammten, sagte er nicht. Aber kurz zuvor war Shaifullah Yeng bei ihm in der Anlage. Also aus dieser Richtung stammend.
Die Tiere wurden, wie man mir sagte, bei extrem niedrigen Werten gehalten. Ich habe mich damals langsam rangetastet. Erst bei einem LW von knapp 100 und einer KH von deutlich unter 3 gelang es mir, Junge zum Schlupf zu bringen. In einem Zuchtwürfel sicher ne sehr wacklige Geschichte. Leider verweigerten die Eltern die Aufzucht.
Hinzu kommt, dass bei Tieren, die unter extrem niedrigen Werten gezogen werden, teilweise Kalzium zugeführt werden muss, da ansonsten die Gefahr von Deformationen besteht. Ich hatte dies mal mit verkürzten Kiemendeckeln. 
Wenn man von Optimalwerten spricht, dann bewegen wir uns sicher in einem Bereich, der im Aquarium nur sehr schwierig zu halten ist. Also an Werten, wie sie in der Natur vorkommen. LW um die 100, KH kaum messbar und Ph- Werte von deutlich unter 6.  Wäre ne interessante Studie, ob Tiere, die bei diesen Werten gehalten werden, sich anders darstellen.

Was den zweiten Punkt angeht…klar. Die Aufnahme über die Chloridzellen erfolgt in Ionenform. Das gilt aber auch für die Schadstoffe. Es gibt da einige Studien aus der Fischwirtschaft über die Schadstoffaufnahme von Süßwasserfischen. Es waren, so glaube ich, Rotaugen. Innerhalb dieser Studien wird angeführt, dass die verschiedensten Stoffe, (Blei, Dioxine, teils sogar an Fett gebundene, also von großer Molekularstruktur) über die Chloridzellen aufgenommen werden.
Interessanter ist aber ein Bericht, der sich mit der Aquaristik beschäftigt. Ich gebe das mal aus meiner Erinnerung wieder.
Nitritvergiftung ist ein Begriff. Stellt sich die Frage, wenn der Fisch nicht trinkt und die Chloridzellen eine Aufnahme nicht zulassen, wie kommt die hohe Nitrit Konzentration in den roten Blutkörperchen zustande, die letztendlich zu einer Vergiftung/Erstickung führen?
In dem Bericht (fürchterlich trockener Stoff!) wird sinngemäß angeführt, dass Nitrit von seiner chemischen Zusammensetzung in ionisierter Form vorliegt und über die Chloridzellen aufgenommen wird. Ich kann es nicht besser wiedergeben. Das Ganze muss für einen wie mich, der in Sachen Chemie lediglich gefährliches Randwissen hat, mehrfach gelesen werden, damit ich überhaupt verstehe, was der Autor sagen möchte.
Ich habe diese Berichte nicht mehr vorliegen. Sie sind auf meinem alten Rechner, der abgeschmiert ist. Ich bin mir aber sicher, dass ich die Dokumente oder Links auf einer Sicherungs-DVD habe.
Solltest du dic also näher damit befassen wollen, suche ich es dir raus.

Grüße,

Mike






 

Offline Ditmar

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Hallo Mike
Danke auch von mir für deinen super Bericht. :applaus:
Für mich ist es ein absolutes Rätsel wie das selbe Tier ( Diskus ) in einer so großen Spannweite von Werten leben kann.
Dabei ist es für mich egal ob er aus dem Amazonas aus Asien oder als Nachzucht bei uns gepflegt wird.
Es ist in jedem Fall das selbe Tier.
Und wie wir gelernt haben hat sich der Diskus über Zigtausende von Jahren dorthin entwickelt hat wo er jetzt ist.
Es ist nicht möglich ihn in ein paar Jahren ganz andere Werte an zu trainieren wenn er nicht grundsätzlich dazu in der Lage ist. Es bringt einem zu den Gedanken ob die Spannweiten der Daten nur für uns so relevant sind allerdings für den Diskus ganz andere Parameter wesentlich wichtiger sind die wir vielleicht noch garnicht kennen.
Gruß Ditmar
Becken 200x80/70x60, Back to Nature Amazonas,
Orinoco Altum, L134, L46, Dornaugen, Sterbai, Golden Nugget, Sturisoma, RHG's
 

Offline Robert B

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Hallo Mike,

Eine Leitfähigkeit (LF) von 200-300 µS/cm entspricht maximal einer GH von 6-9, nicht 10-15. Je nach Wasser kann die GH bei dieser Lf auch noch geringer ausfallen, falls eine größere Menge an Nicht-Härtebildnern gelöst ist.
Mein Leitungswasser hat z.B. eine GH von 15 bei einer von KH 8 und eine LF von 550 µS/cm. Dieses Wasser schien mir bisher zu hart und ich habe es daher immer aufbereitet, um auf eine GH von knapp unter 10 zu kommen.

Übrigens scheint auch ein Unterschied zwischen den Herkunftswässern der 3 Diskusarten zu bestehen. Nicht nur die Heckel, sondern auch die Tefe-Diskus kommen in deutlich saurerem (und auch etwas weicherem) Wasser vor, als die Braun/Blauen.

Die Nitritaufnahme ist mir soweit verständlich, denn Nitrit ist ein relativ kleines Ion, dass auch über die Chloridzellen der Kiemen aufgenommen werden kann.
http://www.deters-ing.de/Gastbeitraege/nitrit.htm

Dass Blei und andere ionische Schadstoffe auch darüber aufgenommen werden können, das kann ich mir sehr gut vorstellen.
Bei großen eher unpolaren fettlöslichen Schadstoffmolekülen, wie Dioxine, DDT und Hormonen wundert mich das ein wenig. Aber irgendwie müssen sie ja in den Fisch gelangen, da sie sich dort in den Fettgewebe akkumulieren. Ich könnte mir vorstellen, dass das u.a. über die Kiemenepithel passieren könnte, evt. auch über die Nahrung.
Was mich in dem Zusammenhang wundert, ist dass der Diskus auf Schadstoffe deutlich empfindlicher reagiert als viele andere Fische. Ich habe daher die Vermutung, dass die Aufnahme irgendwie (zusätzlich?) über die Haut passieren könnte und die gegenüber anderen Fischen erhöhte Empfindlichkeit mit der verhältnismässig großen Oberfläche und der verminderten Schutzschicht zusammenhängt.

Wenn du die Links oder Berichte bei Gelegenheit mal raussuchen würdest, so würde ich mich freuen. Das hat aber keine Eile.

Gruß,
Robert
 

Offline MikeSt

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Hallo Robert. Habe zeitgleichmit dem Ausloggen gesehen, dass du noch einen Beitrag eingestellt hast.  Natürlich hast du mit deiner Rechnung recht. Gemessen an dem LW ergibt sich eine GH von 9. Da sich aber aufgrund von Verdunstung usw. eine Erhöhung/Aufhärtung des LW mit der Zeit ergibt/ergeben kann, sind die Werte von 10-15 der Bereich, womit die Tiere klarkommen und der von Anfängern/normalen Haltern problemlos eingestellt werden können.
Wir sollten dabei nicht aus den Augen verlieren, dass sich diese empfohlenen Werte (sie sind ja allgemeingültig und werden von vielen so empfohlen) von fachl. kompetenten Haltern, die sich mit Zucht usw. beschäftigen, sicher unterschiedlich bewertet werden. Diese spreche ich mit dem Beitrag ja auch nicht an. Ich traue mir zu, Anfängern Ratschläge geben zu können.  Darüber hinaus wären Ratschläge an alte Hasen anmaßend. Jeder fährt auf seiner eigenen Straße nach Rom.  Sie sind ja auch nicht die Zielgruppe.

Danke für deinen Link. Natürlich kenn ich die Seite von Deters. Wußte aber nicht, dass er ebenfalls einen Bericht über die Nitritaufnahme eingestellt hat. Ich meine, der ausgewiesene Autor ist mit dem identisch, dessen Fachbeitrag ich damals las.
Die anderen suche ich dir raus und werd sie hier zeitnah einstellen.

Grüße,

Mike
 

Offline MikeSt

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Hallo Robert.

Anbei die Links zu den erwähnten Berichten.
Der Autor, den Deters zitiert, ist tatsächlich der, dessen Bericht ich damals vorliegen hatte.
Ich habe den Originallink trotzdem mal eingestellt:

http://www.ibdoerre.com/aqua/lars/nitrit.htm

Und hier die anderen Berichte:

http://aquaticcommons.org/3288/1/99-2_Seite45-51.pdf

http://www.gbv.de/dms/lueneburg/LG/OPUS/2002/135/pdf/steffen1.pdf

Furchtbar schwere Kost. Viel Vergnügen beim Verdauen.

Grüße,

Mike
 

Offline Robert B

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Vielen Dank Mike,

für die Links. Den Originallink mit dem Bericht von Lars Dettmann hatte ich auch schon mal, aber wieder verlegt ...

Gruß,
Robert
 

 

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